Nach einer vorübergehend optimistischeren Phase zeigen sich die Finanzexperten aktuell deutlich weniger zuversichtlich. Das gilt auch für Deutschland.

W-förmige Konjunkturerholung

Montvale (NJ)/ Zürich (ots)

  • Globale Wirtschaftsaussichten haben sich verschlechtert
  • In Deutschland wirtschaftlicher Rückgang um 4,5 Prozent
  • geringer als in anderen Ländern der Eurozone
  • Erholung auf Vorkrisenniveau erst für Mitte 2022 erwartet
  • Verdeckte Arbeitslosigkeit könnte Aufschwung bremsen

Nach einer vorübergehend optimistischeren Phase zeigen sich die Finanzexperten aktuell deutlich weniger zuversichtlich. Das gilt auch für Deutschland – wobei der Rückgang der Wirtschaftsleistung 2020 hier insgesamt etwas geringer ausgefallen ist als in anderen (EU-)Ländern. Dies zeigen unter anderem die jüngsten Ergebnisse des vierteljährlich erhobenen und veröffentlichten Global Economic Conditions Survey (GECS) des IMA (Institute of Management Accountants) und der ACCA (Association of Chartered Certified Accountants) unter mehr als 3.000 CFOs und Buchhaltern weltweit.

Noch im vierten Quartal 2020 zeigten die Finanzfachleute überwiegend positive Bewertungen, die das Vertrauen in die europäische Wirtschaft trotz Brexit und Pandemie widerspiegeln. Nach historischen Rückgängen beim BIP der westeuropäischen Länder war das Wachstum stärker als erwartet. Das führte dazu, dass Europa einen besonders starken Zuwachs an Geschäftsaufträgen verzeichnen konnte. Die strengeren Pandemie-Regeln zum Jahresende sorgten jedoch dafür, dass sich die Aussichten wieder leicht eintrübten.

Vorkrisenniveau noch nicht in Sicht

Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen hat, das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten auszuweiten und die Laufzeit zu verlängern, wird die Wirtschaftsleistung auf Vorkrisenniveau so schnell nicht wieder erreicht werden. Die gesamte europäische Wirtschaft schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent. Das ist deutlich mehr als die gesamte Weltwirtschaft, die im Jahr 2020 einen Rückgang der Produktion um 4,5 Prozent verzeichnet. Das ist der größte Rückgang der globalen Aktivität seit mehreren Jahrzehnten. Auch in Deutschland ist die Wirtschaft während der Pandemie um rund 4,5 Prozent geschrumpft – und damit weniger als in vielen anderen Ländern Westeuropas.

In der zweiten Hälfte des “W”

Die weitere erwartete Erholung wird im aktuellen Jahr als zweite Hälfte einer W-förmigen Kurve stattfinden – vorausgesetzt, die Impfkampagnen verlaufen erfolgreich. Im positivsten Fall kann das Vorkrisenniveau bereits zum Jahresende erreicht werden. Im negativeren Fall (verzögerte Massenimpfung usw.) wird sich die Weltwirtschaft – und damit auch die europäische bzw. deutsche – auch Ende 2022 noch rund zwei Prozent unter Vorkrisenniveau befinden. Wahrscheinlich ist aber ein Verlauf, der die Erholung zur Jahresmitte 2022 abgeschlossen sieht. Diese rund zweijährige Frist bis zur Erholung nach der Rezession kann dabei im historischen Kontext als vergleichsweise kurz gelten – zumal die Forscher keinen signifikanten Einfluss der Brexit-Folgen auf das diesjährige BIP haben werden, da die Nachfrage bereits schwach ist.

Verdeckte Arbeitslosigkeit könnte Aufschwung bremsen

Die verdeckte Arbeitslosigkeit durch die Kurzarbeits-Regelungen könnte nicht nur den Aufschwung ausbremsen, wenn sie nach Auslaufen offenkundig wird, sondern sie kann auch das Verbrauchervertrauen unterminieren und längerfristige Negativeffekte bewirken – weit über 2021 hinaus. Die hohen Arbeitslosenquoten werden wahrscheinlich bis ins Jahr 2022 anhalten. Die negativen Nebeneffekte werden das Wachstumspotenzial langfristig weiter beeinträchtigen.

Auf der anderen Seite werden die Konsumausgaben anziehen, weil sich in Zeiten des Lockdowns einige Ersparnisse angesammelt haben dürften. Auch der Europäische Rettungsfonds in Höhe von rund 750 Mrd. EUR wird voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 mit der Verteilung der Mittel beginnen, was für einen weiteren Anstieg der Nachfrage sorgen sollte.

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“Bei der Prognose für 2021 und folgende gibt es vergleichsweise viele Variablen, die sich sehr unterschiedlich entwickeln und die Dynamik des Aufschwungs entsprechend beeinflussen können. Da Deutschland in dieser Hinsicht im europäischen Kontext recht passabel dasteht, ist aber mit einer soliden Entwicklung zu rechnen – sofern sich die Pandemie nachhaltig unter Kontrolle bringen lässt “, erklärt Bernardin Generalao, Director Regional Partner Relations DACH bei IMA.

Fiskalpolitik nicht zu früh straffen

Die pandemiebedingte Rezession hat zu deflationären Tendenzen geführt. Die Stimuli für die Wirtschaft sowie die wieder anziehende Nachfrage könnten für eine vergleichsweise hohe Inflationsrate sorgen. Das bedeutet: Trotz der derzeit notwendigen finanziellen Großzügigkeit besteht kein Zweifel daran, dass irgendwann auch wieder eine Straffung der Fiskalpolitik notwendig sein wird. Wann und wie dies geschieht, darüber hat die Politik zu entscheiden. Ihr fällt die Aufgabe zu, den richtigen Zeitpunkt zu identifizieren, damit die Erholung nicht gleich wieder abgewürgt wird.

Der komplette Report findet sich hier.

Der Global Economic Conditions Survey (GECS)

Der Global Economic Conditions Survey (GECS) ist die größte regelmäßig wiederkehrende Wirtschaftsumfrage unter Buchhaltern und Controllern weltweit. Sie wird seit mehr als zehn Jahren von den globalen Branchenverbänden ACCA und IMA durchgeführt. Die Kennzahlen und Ergebnisse spiegeln die wirtschaftliche Aktivität und geben wertvolle Einblicke in die Ansichten der Finanzfachleute – von Investitionsverhalten über Beschäftigung bis zu den Kosten. Aufgrund der vierteljährlichen Struktur und des Umfangs der Grundgesamtheit ist GECS ein zuverlässiger Indikator für jedes Unternehmen oder jede sozioökonomische Organisation. Die Daten für die aktuelle Q4-Studie wurden zwischen dem 20. November und dem 8. Dezember 2020 unter 3.086 Mitgliedern des ACCA und des IMA erhoben, darunter mehr als 300 CFOs. Mehr Informationen finden Sie unter: https://www.imanet.org/insights-and-trends/global-economic-conditions-survey?ssopc=1

Über IMA® (Institute of Management Accountants)

Das IMA® (Institute of Management Accountants) ist einer der größten internationalen Verbände für Buchhalter und Finanzfachleute. Das IMA® unterstützt Buchhalter, Bilanzbuchhalter, CFOs, Wirtschaftsprüfer und andere Experten im Finanzbereich durch Forschung sowie die international anerkannte Fortbildung zum CMA® (Certified Management Accountant) und das CSCA®-Programm (Certified in Strategy and Competitive Analysis). Gerade die Ausbildung zum CMA gilt als maßgeblicher Faktor für eine Karriere im Bereich Finanzen. Weitere Fortbildungsangebote, ein intensives Networking sowie das strikte Eintreten für ethische Geschäftspraktiken gehören ebenfalls zu seinem Tätigkeitsbereich.

Das IMA verfügt über ein globales Netzwerk mit mehr als 125.000 Mitgliedern in 150 Ländern, davon rund 80.000 CMA-Träger. Vertreten sind hier auch 300 professionelle Chapter. Die Fachmagazine The Accountant/International Accounting Bulletin haben das IMA als Berufsverband der Jahre 2017 und 2018 ausgezeichnet.

Mit Hauptsitz in Montvale/N.J., USA, bietet das IMA in allen globalen Regionen, in denen das Institut aktiv ist (Nord- und Südamerika, Asien/Pazifik, Europa und Naher Osten/Indien) lokal spezifizierte Dienstleistungen an. In Europa hat das IMA derzeit über 3.000 Mitglieder und ist mit eigenen Büros in Amsterdam und Zürich vertreten. (Stand: Januar 2021)

Weitere Informationen über IMA finden Sie unter www.imanet.org.

Original-Content von: Institute of Management Accountants (IMA), übermittelt durch News aktuell

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